Auftakt des Projekts Küchenbau war die Trennung von unserem geliebten VW T5 Multivan, der durch einen vollelektrischen Mercedes eVito Tourer ersetzt wurde. Dieser sollte, genauso wie auch schon der VW zuvor, sowohl als Alltagsfahrzeug, sowie als Campervan genutzt werden können. Im VW haben wir damals eine fertige Heckküche von VanEssa eingebaut.
Auch für unseren neuen Van wollten wir zuerst eine solche Heckküche kaufen. Allerdings passten unsere Ansprüche nicht zu dem, was der Markt hergab. Außerdem haben wir, so wie viele, schon lange davon geträumt, irgendwann mal unseren eigenen Camper auszubauen. Daraus resultierte die Idee, sich schon einmal an den Bau einer Heckküche zu wagen.
I. Planung der Küche
Die Planung der Küche nahm extrem viel Zeit in Anspruch. Natürlich hat der nachfolgende Ablauf nicht aufeinanderfolgend, sondern simultan stattgefunden.
1. Inspiration
Als Inspirationsquellen nutzten wir YouTube Videos sowie Instagram und Pinterest Beiträge über selbstausgebaute Vans. Die Orientierungsgrundlage der Küchenplanung bildete unsere frühere VanEssa Küche. Diese hatte allerdings keine richtige Arbeitsfläche und einen „toten Raum“ zwischen der Küche sowie der umgeklappten Rücksitzbank. Dort gab es zwar einen möglichen Stauraum, allerdings konnte man an diesen nur gelangen, wenn man das Bett abbaute und die Rückbank hochklappte.
2. Vermessung
Um den verfügbaren Raum bestmöglich zu nutzen, haben wir diesen sehr genau ausgemessen. Beispielsweise versuchten wir, die maximale Tiefe der Küche durch die Aufteilung in einen hohen und einen flachen Teil der Küche auszunutzen. Wie in der Skizze unter 3. zu sehen ist, haben wir uns dazu entschieden, den sogenannten „Totraum“ durch eine große, flache Wanne zu nutzen. Außerdem haben wir die einzelnen Fächer der Küche genau an die Größe der entsprechenden Inhalte angepasst. Um ein Kompromiss aus Stabilität, Platz und Gewicht zu finden, haben wir uns trotz des höheren Preises für neun Millimeter Multiplex-Platten entschieden.
3. Visualisierung
Mit Hilfe von GoodNotes zeichneten wir auf dem Apple iPad genau auf, wie wir uns die Küche vorstellten. Zu Beginn sah die Zeichnung noch ganz anders aus, aber mit der Zeit hatten wir immer wieder neue Ideen oder Herausforderungen und mussten unsere gesamte Planung umschmeißen.
II. Umsetzung
Schienenauszug
Sehr viel Zeit der Umsetzung kostete vor allem die installation des Schienenauszugs.
Um den Auszug am Fahrzeug zu befestigen, verwendeten wir zwei 90° Stahlwinkelprofile (lila). Da die Bodenschienen jedoch nicht ganz außen im Fahrzeug verbaut sind, haben wir möglichst große Winkel ausgesucht, um die Breite unseres Auszuges zu maximieren. Auf deren Innenseite schraubten wir die Schienen inklusive kleiner Montagewinkel (rot) an. Diese Konstruktion haben wir dann in den Bodenschienen des Fahrzeuges mit Hammerkopfschrauben befestigt.
Teilweise gab es Probleme beim Ausziehen der Schienen und wir mussten beispielsweise Schrauben mit dem Winkelschleifer (Flex) kürzen oder neue Löcher bohren. Später haben wir festgestellt, dass wir die Griffe des Auszuges verlängern müssen, um sie weiterhin ausziehen zu können; dafür haben wir die übriggebliebenen U-Profile verwendet.
Holzplatten abschleifen & einölen
Damit das Holz der Küche wasserabweisend ist, haben wir es zuerst mit der Schleifmaschine angeraut und anschließend eingeölt. Wir haben uns hier für ein natürliches Leinöl entschieden. Hierbei sollte man allerdings dringend zwei Dinge beachten:
1. Das Leinöl verfärbt die recht hellen Multiplex Platten etwas gelblich.
2. Das Leinöl hat einen sehr intensiven Geruch. Die Platten sollten daher mindestens 24 Stunden an der frischen Luft auslüften, bevor man sie einbaut. Dies haben wir leider nicht beachtet, weswegen das Auto danach monatelang sehr stark nach dem Öl roch.
Auszugboden & Matratzenablage
Als nächstes haben wir eine Befestigung für die Bodenplatte der Küche am Heckauszug überlegt. Hierfür haben wir vier Gewinde in die Bodenplatte eingesetzt, um diese mit Schrauben an den kleinen Winkeln (rot) festschrauben zu können. An der Außerseite der großen Stahlwinkel (lila) haben wir senkrecht zwei Bretter befestigt, auf welchen oben ein weiteres Brett verschraubt wurde, das als Matratzenablage dient. Da diese seitlichen Bretter direkt vor den Lüftungskanälen des Fahrzeuges verbaut wurden, haben wir diese Bretter mit mehreren kleinen Löchern versehen, um die Durchlüftung weiterhin sicherzustellen. Zum Schutz und zur Verstärkung haben wir die Vorder- und Rückseite der Bodenplatte sowie Matratzenablage mit U-Profilen aus Aluminium verkleidet. Die gesamte Bodenplatte inklusive Küche soll je nach Bedarf durch andere Bodenplatten ganz einfach ausgetauscht werden können, damit das Fahrzeug im Alltag flexibel nutzbar ist.
Küchen-Grundgerüst
Die Bodenplatte bauten wir anschließend wieder aus, um darauf das Küchengrundgerüst zu installieren. Wie bereits erwähnt, haben wir neun Millimeter Multiplex Platten verwendet. Daher benötigten wir möglichst dünne aber zugleich lange Senkkopf-Holzschrauben. Wichtig war vor allem, dass die Bretter des Grundgerüsts parallel beziehungsweise in einem rechten Winkel zueinander verschraubt werden. Hierfür haben wir zuerst mit einem einfachen Winkel gearbeitet. Allerdings hat sich schnell herausgestellt, dass das nicht genau genug ist, weswegen wir uns eine 90-Grad-Klemme zulegten.
Zwischenbretter
In diesem Schritt sollte sich herausstellen, ob wir im vorherigen Schritt sauber gearbeitet haben und die bereits zugeschnittenen Zwischenbretter in die vorhandenen Plätze im Grundgerüst passten. Leider war dies nicht immer der Fall, weshalb wir einige Bretter nochmals mit der Kreissäge ein wenig kürzen und die Schnittkante anschließend noch einmal abschleifen sowie einölen mussten. An den Stellen, wo wir nicht genügend Platz hatten, die Bretter von außen zu verschrauben, haben wir kleine Winkel verwendet.
Seitliche Klappbretter
Mithilfe von möglichst schmalen Aufklappscharnieren haben wir links und rechts zwischen der Küche und der Matratzenablage eine zusätzliche aufklappbare Arbeitsfläche geschaffen.
Elektronik
Für die Stromversorgung haben wir den Kühlschrank und die Wasserpumpe mit einer 12 Volt Steckdose im Fahrgastraum verbunden. Hierfür benötigten wir ein Spiralkabel, das wir von der Steckdose bis zum Heckauszug legten. Hier bauten wir eine kleine Abzweigdose ein, von wo aus wir ein Stromkabel bis zur Wasserpumpe verlegten. Für die Stromversorgung des Kühlschranks schlossen wir eine weitere 12 Volt Steckdose an die Verteilerdose an.
Klappen und Deckel
Für das vordere Fach, in welchem der Gaskocher und die Induktionsplatte verstaut wurden, brachten wir mithilfe von drei Magnetverschlüssen einen losen Deckel an. Für die zwei hinteren Fächer hingegen haben wir uns entschieden, je eine Klappe mithilfe von Scharnieren zu befestigen. Auch hier wurde zusätzlich je ein Magnetverschluss integriert.
Schubladen
Nachdem die Küche inklusive einzelner Fächer soweit fertig war, haben wir die vier Schubladen gebaut und mit Schienenauszügen inklusive Dämpfer in den Fächern befestigt. Aus diesem Grund war es nicht nötig, eine Sicherung gegen das ungewollte Herausfahren der Schubladen während der Fahrt anzubringen. Auch hier, wie auch beim Bau der Klappen, haben wir festgestellt, dass es sehr schwierig ist, perfekte Spaltmaße zu schaffen. Man muss wohl einfach ein Auge zudrücken - wir sind ja keine gelernten Schreiner 😉. Die Bretter für die Küchenfronten haben wir nicht im Bauhaus zuschneiden lassen, sondern selbst gesägt, um eine durchgängige Holzmaserung über die gesamte Front zu ermöglichen.
III. Feinschliff und Dekoration
Für die Optik haben wir am Ende die Holzwände am Waschbecken mit kleinen blauen Fliesen verziert. Hierfür rauten wir zunächst mithilfe von Quarzsand die eingeölte Holzoberfläche wieder auf, damit im zweiten Schritt der Montagekleber darauf hält. Abschließend haben wir die Fliesen mit Fugenmasse verfugt. Zusätzlich befestigten wir eine Kordel an der Rückseite der Kühlschrankfront, woran wir eine Küchenrolle aufhängen können. Auch die ursprünglichen Schubladengriffe, die wir nur provisorisch verwendeten, ersetzten wir durch schönere Exemplare.
IV. Einkaufsliste
- Bauhaus: Multiplex Platten
- Junker Slides: Schienenauszug, kleiner Montagewinkel
- Schmiedekult: großer Stahlwinkel
- Camping Wagner: Comet Standard Weithalskanister 13l mit Verschluss DIN 96, Schraubring DIN 96 mit Staubkappe 2-Loch für Kabel und Schlauch von Tauchpumpe, Comet London Wasserhahn, chrom/schwarz, Comet Elegant Tauchpumpe, 0,5bar, 10L/min
- Amazon: Schienen für Schubladen, Spiralkabel, Fliesen, Klappwinkel, Magnete für Klappen, Spülschüssel, Montagekleber
V. Fazit
Tatsächlich hatten wir uns den Aufwand anfangs kleiner vorgestellt, als er nachher tatsächlich war. Zwischendurch haben wir immer wieder die Motivation und Nerven verloren. Wir wurden ständig vor neue Schwierigkeiten und Herausforderungen gestellt, weshalb das ganze Projekt viel mehr Zeit kostete als geplant beziehungsweise gehofft. Allerdings hat das Ganze trotzdem sehr viel Spaß gemacht und wir wollen uns irgendwann mal an einen größeren Ausbau wagen.
Der erste Roadtrip mit dem Elektrocamper führte uns in den Süden Italiens. Demnächst folgt der Reisebericht auf beyondcamping.net.